Epilepsie

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DANKE  www.belgian-shepherd.de / Breed a Heathy Race, dass es möglich war diesen interessanten Beitrag hier zu veröffentlichen!!

Hilfe, mein Hund hat Anfälle!

von Manu Wolters & Astrid Hübner

Nicht jeder Anfall bedeutet gleich Epilepsie. In diesem Artikel versuchen wir aufzuzeigen, welche Erkrankungen zu Anfällen führen können und wie man die Diagnostik richtig angeht.

Eine Diagnose für Anfälle, Episoden oder Kollaps Zustände zu erhalten ist leider schwierig. Nur in ungefähr der Hälfte der Fälle wird eine Ursache gefunden.

Was zur Diagnostik bei Anfällen gehört:

Im ersten Schritt solltet ihr ein großes Blutbild, inkl. Leber und Nierenparameter, Schilddrüsenwerte (auch wenn die Schilddrüse keine Epilepsie auslöst, eine Hypo oder Hyperthyreose (Schilddrüsen Unter- oder Überfunktion) kann diese allerdings verschlimmern) erstellen lassen. Bei auffälligen Organwerten: weitere Abklärung, Ausschluss Lebershunt, Niereninsuffizienz etc.

Bluttest auf Vektorerkrankungen, also zum Beispiel durch Zecken, Sandmücken und Co. (Population in Deutschland nachgewiesen), Anaplasmose, Borreliose, Babesiose – alles potenzielle Auslöser für epileptiforme Anfälle, wenn auch sehr selten. Ebenso gehört ein Check auf Parasitosen, auch wenn sie ebenso extrem selten Auslöser für Anfälle sind. Hütehunden wird generell nachgesagt, dass sie eine niedrigere Anfallsschwelle haben, als andere Rassen – ohne an Epilepsie erkrankt zu sein.

Ultraschall des Herzens und der Bauchorgane
Aortenstenosen, Klappeninsuffizienzen etc., können Anfälle durch Herzrhythmusstörungen oder Kreislaufprobleme hervorrufen. Manche Fälle von DCM (Dilatative Kardiomyopathie oder auch „Dobermannkardiomyopathie“) zeigen sich klinisch in Anfällen. DCM ist leider auch beim Belgier präsent (mehr dazu in unserem Webinar am 12.02.2023).

Neurologische Untersuchung
Wenn die oben genannten Tests kein Ergebnis bringen, dann folgt eine gründliche neurologische Untersuchung, für welche jedoch ein Spezialist (Neurologe) aufgesucht werden sollt. Die neurologische Untersuchung kann (oder sollte) beispielsweise die folgende weiterführende Diagnostik mit sich ziehen.

Die Liquor-Entnahme, um auf entzündliche, infektiöse oder autoimmune Prozesse im Hirnwasser zu untersuchen.

Das CT oder noch besser MRT
Auch wenn die meisten Krampfanfälle in unserer Rasse gewiss idiopathisch/genetisch sind, gibt es immer noch die wenigen tragischen sekundären Auslöser, wie Tumoren, autoimmune Meningoenzephalitis, ein Hydrocephalus (Wasserkopf), Zysten und so weiter. All diese Krankheitsbilder können Anfälle hervorrufen, teilweise auch schlimme Schmerzen. Manche von diesen Erkrankungen werden völlig anders behandelt, so kann man einen Hydrocephalus heut zu Tage sehr gut operieren und dem Hund damit ein gutes Leben bereiten, wo er sonst mit schlimmsten Kopfschmerzen und reduzierter Lebensqualität und -erwartung durchs Leben gehen müsste.
Bei Tumoren kann man heut zu Tage manchmal ebenfalls operieren, bestrahlen und eine Schmerztherapie einleiten.

Wenn möglich, dann filmt den Anfall/die Anfälle eures Hundes. Die Art des Anfalls kann dem Tierarzt wichtige Hinweise auf die Ursache geben. Notiert euch folgende Dinge:

– Was ist direkt vor dem Anfall gewesen? (Bewegung, Stress, Ruhephase, hat sich der Hund merkwürdig Verhalten?)
– Wie verläuft der Anfall? Setzt der Hund Urin oder Kot ab? Speichelt er? Rudert er mit den Beinen oder sackt er einfach zusammen? Ist er ansprechbar? Fällt er immer zur gleichen Seite? Wie ist die Körperlage währenddessen (Liegen in Seiten- oder Brustlage, Sitzen, Stehen)?
– Wie verhält sich der Hund direkt nach dem Anfall? Braucht er Erholungsphasen? Ist er müde? Wirkt er verwirrt oder ängstlich?
– Hat der Hund Fieber?

Der Untersuchungsmarathon ist sehr umfangreich, aber nur so übersieht man nichts und kann richtig behandeln.

Ursachen für Anfälle/Episoden/Kollaps

Primäre/idiopathische Epilepsie

Die idiopathische Epilepsie tritt meist im 1. Lebensjahr bis zum 5. Lebensjahr auf. Es kann keine zugrunde liegende Ursache gefunden werden. Die idiopathische Epilepsie hat eine genetische Ursache. Unsere Rasse gehört mit 9,5 % betroffener Hunde sicher zu den Rassen, die am häufigsten von Idiopathischer/genetisch bedingter Epilepsie betroffen sind.

Synkopen

Die Synkope ist ein plötzlicher Bewusstseinsverlust aufgrund einer Abnahme des Blutflusses.

Zitat


„Bei Eintritt der Synkope fällt das Tier normalerweise in eine seitliche Position oder in Brustlage. Oft tritt ein schlaffer, bewegungsloser Kollaps auf, als Folge des Verlustes des Haltungstonus. Aber auch ein Versteifen der Gliedmaßen, Myoklonus und opisthotone Kopfhaltung sind möglich. Während der Ohnmacht können leichte unwillkürliche Muskelzuckungen der Glieder auftreten, wobei diese nicht rhythmisch oder synchron sind. Diese Myoklonien können von unterschiedlicher Ausprägung und Stärke sein. Auch tonische Spasmen der Muskulatur können vorhanden sein.
Komplexe Automatismen, wie sie bei einem epileptischen Anfall auftreten können, sind bei Synkopen selten. Mitunter kann es während der Synkope zu Urinabsatz kommen. Zu Kotabsatz kommt es jedoch äußerst selten
Hunde zeigen häufig währenddessen Vokalisation.“


Zitat Andrea Leitner

Die Synkope selbst ist keine Krankheit, sondern nur ein Symptom unterschiedlicher zugrunde liegender Erkrankungen. Ist die Abnahme des Blutflusses nicht ausreichend, um einen vollständigen Bewusstseinsverlust hervorzurufen, spricht man von einer Präsynkope. Diese kann sich durch Schwäche in den Hintergliedmaßen und Inkoordination zeigen. Bei der Präsynkope sind die aber die gleichen pathophysiologischen Mechanismen vorhanden wie bei der Synkope.

Neben Herzerkrankungen kann auch eine akute, vorübergehende Sauerstoffunterversorgung, zum Beispiel durch eine Blockierung der oberen Atemwege oder einer Lähmung/Spasmus des Kehlkopfes zu einer Synkope führen. [1]

Die reflexvermittelte Synkope wird durch einen Reflex verursacht, welcher die Blutgefäße erweitert oder/und die Herzfrequenz verringert. Beim Boxer, Retriever und anderen Arbeitshunderassen ist die reflexvermittelte vasovagale Synkope bei ansonsten gesunden Hunden beschrieben. Sie wird in der Regel durch Anstrengung in Verbindung mit Aufregung oder Erschrecken ausgelöst. [1]
In einigen Familienstudien beim Menschen fanden sich Hinweise auf eine erbliche Komponente: Bei Geschwistern war das Risiko um 80 Prozent höher, bei Halbgeschwistern um knapp 30 Prozent und bei Cousins/Cousinen um 13 Prozent. [2]

Die Synkope durch eine Herzerkrankung geht im Vergleich zu anderen Ursachen mit einem erhöhten Todesrisiko einher.

Es ist meist sehr schwierig eine Synkope von einer anderen Erkrankung wie Epilepsie oder einer Dyskinesie zu unterscheiden. Hier ist vor allem das Verhalten vor, während und nach der Episode entscheidend. Synkopen folgen meist einem auslösenden Ereignis wie Anstrengung, Aufregung oder Husten. Der Muskeltonus des Tieres ist während einer Synkope meistens schlaff und es wird selten Harn oder Kot abgesetzt. Nach einer Synkope zeigen die Tiere normales Verhalten ohne Erholungsphasen. [1]

Dyskinesien

Eine Reihe neurologischer Störungen, die mit einem epileptischen Anfall verwechselt werden können, sind die Dyskinesien. Die Paroxysmale Dyskinesie ist ein Sammelbegriff für krampfartige Bewegungsstörungen bei vollem Bewusstsein. Manche fokalen Anfälle der idiopathischen Epilepsie können nicht von der Paroxysmale Dyskinesie abgrenzt werden. Ein diagnostischer Schlüsselfaktor bei der Paroxysmale Dyskinesie ist, dass die Aufmerksamkeit des betroffenen Hundes vollständig erhalten bleibt. [1]

Idiopathischer Kopftremor

Ist nur der Kopf betroffen, kommt Head Bobbing (Idiopathischer Kopftremor) in Frage.
Das Head Bobbing tritt plötzlich auf. Der Hund wackelt mit dem Kopf oder zittert. Es handelt es sich um einen harmlosen Zustand, der meist selbstlimitierend ist. Die Ursache für die unfreiwillige Kopfbewegung ist nicht bekannt. Vermutet wird jedoch eine Bewegungsstörung, die ihren Ursprung im zentralen Nervensystem hat und in unwillkürlichen Kontraktionen der Nackenmuskulatur resultiert.
Generell tritt das episodische Kopftremor-Syndrom in der Hundepopulation nur selten auf. Bei bestimmten Rassen wie dem Dobermann oder auch beim Belgischen Schäferhund wird es jedoch häufiger gesehen, weshalb eine genetische Komponente vermutet wird. Uns sind mehrere Würfe bekannt, bei denen je 2-3 Geschwister betroffen sind.

Anstrengungsinduzierte Hyperthermie

Unsere Rasse (hier sind die belgischen Schäferhundrassen gemeint) scheint von einer anstrengungsinduzierten Hyperthermie betroffen sind. Die Hunde erleben 5-15-minütige Episoden, in denen sie an neurologischen Symptomen, die von Verwirrtheit bis hin zu Krämpfen oder Koma reichen. Der Hund kann taumeln oder hinfallen oder einen anormalen Gang haben. In schweren Fällen kann es zu Multiorganversagen kommen.
Hunde mit dieser Erkrankung erscheinen im Ruhezustand gesund und normal und haben Symptome nur während oder nach dem Training. Der Hund entwickelt nach Belastung/Stress hohes Fieber über 40 °C, dass nach kurzer Zeit wieder im Normalbereich ist.[3] Es wurden vermehrt Malinois auf Maligne Hyperthermie aufgrund dieser Symptome getestet, der gängige Gentest (MH) ist aber negativ. (Quelle: Feragen). Beim Whippet und auch beim Border Collie wird diese Erkrankung als Exercise-induced hyperthermia (EIH) beschrieben. Es sind mehrere Belgier mit diesen Symptomen bekannt.

Toxoplasmose

Toxoplasma gondii sind Protozoen (Einzeller), die nach einer Infektion neurologische Symptome auslösen können. [4]

Toxoplasmose beim Hund tritt selten auf. Normalerweise ist das Immunsystem in der Lage, die Einzeller zu bekämpfen. [5] Die Infektion verläuft gewöhnlich wie beim Menschen unbemerkt. 50% in der gesamten erwachsenen Bevölkerung in Deutschland sind laut RKI mit dem Erreger bereits in Kontakt gewesen. [6]
Gefährlich ist die Toxoplasmose für Welpen, alte Hunde und Hunde, deren Immunsystem geschwächt ist. Da diese Hunde die Parasiten nicht mit ihrem Immunsystem bekämpfen können, erkranken sie teilweise schwer. (Beim Menschen überwiegend Patienten mit AIDS und Transplantat¬empfänger [6])
Die ersten Symptome der Erkrankung sind Durchfall, Erbrechen, Fieber und Husten.

Bei jungen Hunden siedeln sich die Zysten vor allem in der Muskulatur und dem Nervengewebe im Bereich der Nervenwurzeln an. Die Hunde zeigen Bewegungsstörungen, die Muskeln sind steif. Lähmungen können auftreten.

Bei älteren Hunden bilden sich in Rückenmark und Gehirn Zysten. Die Hunde können dadurch an Bewegungsstörungen leiden oder auch Anfällen und Krämpfe bekommen, welche den gesamten Körper betreffen können.

Um eine Toxoplasmose beim Hund nachzuweisen, werden Blut und Liquor (Flüssigkeit aus dem Rückenmarkskanal) entnommen.

Im Blut sind Antikörper, IgG und IgM, nachweisbar. Um eine akute Infektion nachzuweisen, müssen mehrere Blutproben im Abstand von zwei bis drei Wochen von dem Tierarzt abgenommen werden. Steigt die Zahl der Antikörper deutlich an, liegt eine neue Infektion vor. Im Liquor kann nur die aktute Infektion per PCR Test nachgewiesen werden. [5]

Da es keinen einfachen Test gibt, der sicher sagen kann, ob eine Infektion mit Toxoplasma gondii vorliegt, wird der Neurologe andere Erkrankungen ausschließen, die Ergebnisse aller Tests abwägen und so zu einer weitgehend sicheren Diagnose einer Toxoplasmose gelangen. Die Therapie besteht in einer mehrwöchigen Gabe von Trimethoprim-Sulfonamid und / oder Clindamycin, die wegen möglicher Nebenwirkungen tierärztlich überwacht werden muss. [4]

Weitere Ursachen

Eine weitere Differentialdiagnose zu Epilepsie ist die Narkolepsie. Es kommt zu einem episodischen Einschlafen, was auch mit einem gleichzeitigen Muskeltonusverlust (Kataplexie) vergesellschaftet sein kann. [1]

Ebenso kann eine Myasthenia gravis (seltene, chronische, neurologische Autoimmunerkrankung) im Fall einer „akuten myasthenischen Krise“ differentialdiagnostisch in Betracht gezogen werden. Betroffene Tiere zeigen eine schnell fortschreitende Muskelschwäche und kollabieren bei erhaltenem Bewusstsein. [1]

Vestibuläre Attacken (Vestibularsynbrom: Gleichgewichtsstörung) können ebenfalls mit einem epileptischen Anfall verwechselt werden. Hierfür ist ein Augenzittern (Nystagmus) typisch. [1]

Nicht infektiösen Meningoenzephalitiden (Entzündung der Hirnhaut und des Gehirns) kommen in Betracht – hier ist das Auftreten von Anfällen bei Hunden mit einer schlechten Prognose verbunden. [1]

Auch Schädel-Hirn-Traumata und intrakranielle (im Schädel) Anomalien (z.B. Wasserkopf) können zu Anfällen führen. [1]

Neoplasien des Gehirns (gut- oder bösartige Neubildung von Körpergewebe) können epileptische Anfälle auslösen. Dazu können Verhaltensauffälligkeiten wie Kreislaufen, Kopfpressen, Depression, Desorientierung, Vergessen von Erlerntem, Aggression, Angst und Übererregbarkeit kommen. Es ist möglich, dass die Tiere keinerlei Veränderungen im Rahmen der neurologischen Untersuchung aufweisen. [1]

Eine Fehldiagnose kann dazu führen, dass die Grunderkrankung nicht richtig behandelt wird oder gar durch die falsche Therapie verschlimmert wird. Außerdem bergen manche Auslöser für wiederkehrende Anfälle ein hohes Risiko, dass der Hund verstirbt.